Dienstag, 30. Juli 2013

WG als Lebenskonzept

Fast mein ganzes Leben habe ich davon geträumt mit einem tollen Mann zusammenzuleben, Kinder zu bekommen und in einem kleinen Häuschen glücklich zu werden. Als ich dann im Laufe meines Studiums mit Vielem in Berührung gekommen bin, was so völlig anders ist, hat sich dies im Laufe der Zeit gewaltig verändert.

Zunächst habe ich festgestellt, dass die Tage zu kurz sind, um alles  zu tun, was ich tun will - an dieser Erkenntnis hat sich bis heute auch nichts geändert. Anschließend hab ich zu meiner eigenen Verwirrung festgestellt, dass ich wahnsinnig Angst vor der Realisierung meiner eigenen Ziele hab. Ich hab eine Vielzahl von Plänen gemacht, die irgendwie zwar schon ganz schön wirkten, allerdings nicht wirklich etwas mit mir zu tun hatten. Nach einer relativ langen Zeit des nachdenkens ist mir folgendes gekommen: Ich hab die ganze Zeit ein Bild von mir entworfen, wie ich dachte,  dass andere mich gern so hätten. Klingt total bescheuert - ist es auch!

Irgendwann hab ich festgestellt, dass gar nicht jeder vorhat, nach diesem Bild zu leben, und dass das wohl auch ziemlich in Ordnung ist. Bis ich das auf mich übertragen konnte, hat es aber noch einige Zeit gebraucht.
In dieser Zeit bin ich mit unterschiedlichsten Lebenskonzepten in Berührung gekommen. Die Ausprägungen dieser Konzepte reichen von Zweierbeziehung mit unglaublich vielen Kindern über Mehrgenerationenhaus und Polyamorie bis zu absolut überzeugtem Singledasein. Irgendwie konnte ich alles bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen und nach einem verdammt schmerzhaften Beziehungsende kam ich auch mal dazu, darüber nachzudenken, was ich denn eigentlich von meinem Leben will und wie ich mir das gestalten will. Dabei bin ich das erste Mal auf den Gedanken gekommen, mich nicht nur im Zusammenhang mit einem Partner zu stellen, sondern mich und mein Leben eigenständig zu gestalten. Nach einigem Stolpern ist mir das auch immer besser gelungen.

In dieser Orientierungsphase sind mir unglaublich tolle Initiativen begegnet und unvergleichliche Menschen (danke an alle  <3 ).
Unter anderem habe ich in der Zeit Couchsurfing für mich entdeckt. Das hat dazu geführt, dass mir die verschiedensten Menschen aus unterschiedlichsten Hintergründen begegnet sind. Die meisten von ihnen haben eine unglaubliche Offenheit an den Tag gelegt und damit dazu beigetragen, dass auch ich mich immer mehr öffnen konnte.

Das Zweite, was mich nachhaltig beeinflusst hat war das Leben in einem selbstverwalteten Studentenwohnheim. Die Selbstverwaltung hat dazu geführt, dass die Mitbewohner sich mit dem Haus verbunden sahen und sich eine grandiose Hausgemeinschaft herausgebildet hat. Natürlich gab es auch da immer wieder Streitigkeiten, aber der Umgang miteinander war von großem zwischenmenschlichem Respekt geprägt.

Durch dieses Haus und vorangegangene Erfahrungen des Alleinlebens und des Lebens mit einem Partner habe ich festgestellt, dass ich eigentlich nur in größeren Gemeinschaften leben will. Ich habe nicht wirklich Lust, mit meinem Partner zu zweit zu leben und nur zu zweit dieses Leben zu planen und zu fristen. Das bedeutet nicht, dass wir keine gemeinsamen Pläne haben und ich mein Leben nicht mit meinem Partner teilen möchte. Es bedeutet nur, dass ich es liebe, Input von vielen verschieden Menschen zu bekommen und schätze auch die Diskussionen, die bei unterschiedlichen Einstellungen entstehen. Den Planungsaufwand und kleinere Einschnitte in das eigenen Leben sind für mich dabei ein vergleichsweise geringfügiger Preis.

Am liebsten hätte ich dafür ein riesiges Haus, in dem mindestens 6-7 Leute (gern auch mehr) Platz für ein eigenes Leben mit genügend Wohnraum und Privatsphäre haben, aber auch genügend Begegnungsraum vorhanden ist. Die Bewohner meines Traumhauses sind nicht zwangsläufig befreundet, verstehen sich aber auf Basis einer intensiven Nachbarschaft sehr gut und gestalten ihren Lebensraum gemeinsam. Am liebsten hätte ich Menschen in verschiedenen Lebensphasen in diesem Haus (gern auch Kinder) und mit unterschiedlichen Lebensmodellen. Eigentlich soll es fast eine große WG sein, nur mit mehr Platz als zu Studizeiten ;)

Dieses Bild hat sich im Laufe der Zeit rauskristallisiert und ich verstehe gar nicht, warum so viele Menschen dabei so irritiert reagieren. Wieso soll es verrückter sein, sein Leben mit vielen Menschen gestalten zu wollen, als "nur" zu zweit sein zu wollen? Nur dass wir uns richtig verstehen: Ich freue mich für alle, die sich für das Leben zu zweit entscheiden, weil sie es wirklich wollen und glücklich sind. Aber jetzt mal ehrlich: ein bisschen verrückt muss man dafür doch auch sein. ;)

Sonntag, 21. Juli 2013

Was für ein Tag!

Ursprünglich war hier ein Berlin-Sehnsucht-Blogpost geplant, aber den kann ich nach diesem Tag einfach nicht mehr schreiben. Natürlich bleibt Berlin ein Sehnsuchtspunkt, aber der heutige Tag war einfach so famos, dass ich gerade nirgendwo anders sein möchte.

Es begann schon wunderbar, indem ich ausgeschlafen und bereits vor 8:00 Uhr aufwachte, neben mich blickte und meinen Freund sah - immer wieder schön. Nach einem leckeren Kaffe und Frühstück ging es auf zu einem schönen Sonntagslauf in den nahe gelegenen Wald- ja, ich kann wieder laufen, tolle Erkenntnis! Zwischen dem Wald blitzte immer wieder das Bodenseepanorama auf und ich glaube ich muss irgendwann mein Handy mitnehmen, um euch eine Ahnung davon vermitteln zu können, wie schön es hier manchmal ist.

Anschließend ging es mit leckerem, kühlen Bier an den See, um mich eine Stunde später mit ein paar Couchsurfern zum Standup-Paddeling zu treffen. Das ist so hipper Kram, wo man auf einem überbreiten Surfbrett steht und sich stehender Weise auf dem Wasser fortbewegt. Die Ausrüstung haben wir bei dem überaus sympathischen Bootsverleih beim Campingplatz Sandseele auf der Reichenau ausgeliehen. Was soll ich sagen... Sonne satt, tolle Menschen, See und diese Bretter: wackelig genug um Spaß zu haben und stabil genug, um genau diesen nicht zu verlieren.

Jetzt lieg ich mit einem leckeren Salat, Bier und Mann im Bett, lasse diesen zraumhaften Tag Revue passieren und freue mich meines Lebens!

Glücklich und platt, eure Plapperschlange. #hach

Montag, 8. Juli 2013

Die Weisheit des Alters und soziale Dynamiken

Es gibt so Momente, da frage ich mich, was in manchen Leuten wohl vorgeht.
Da werden Menschen vor versammelter Mannschaft zusammengestaucht, dass es nur so knallt. Alles natürlich im Namen des Anstands und des guten Benehmens - man weiß ja, wie man sich zu verhalten hat.

WTF?!?!?!

Mal ganz abgesehen davon, dass hier unter Berufung auf die "Weisheit des Alters" jede Regel der zwischenmenschlichen Kommunikation missachtet wird - was zum Geier soll das denn eigentlich mit Anstand? Wenn mir jemand begründen kann, weshalb etwas nicht gut ist, oder wenn mir jemand mitteilt, dass er sich von einem bestimmten Benehmen gestört fühlt bin ich immer und gern bereit darüber nachzudenken. Aber bitte nicht mit den Worten "Das ist halt so" oder "So etwas tut man nicht".

Haben die Menschen, die so lapidar andere Personen wegen bestimmten Verhaltens abstempeln mal darüber nachgedacht, dass es Situationen gibt, in denen man vielleicht nicht ganz so stark an sich halten kann? Und was gibt denen überhaupt das Recht andere in dieser Form zurechtzuweisen? 

Ach stimmt, wie konnte ich das nur vergessen: Die Weisheit des Alters. Jetzt mal ganz im Ernst: wäre diese tatsächlich vorhanden, hätte man schon mitbekommen, dass derart degradierendes Verhalten alles andere als Entgegenkommen und Einsicht bewirkt. Und hier kommen wir zu den sozialen Dynamiken. Wenn ich vor versammelter Mannschaft zusammengepfiffen werde, kann der Pfeifer einen drauf lassen, dass er eine patzige Antwort bekommt - und zwar unabhängig davon, was ich gerade verbockt habe. Was soll ich denn auch anderes tun? Mich von jemandem herabwürdigen lassen und dann noch katzbuckeln??? Ich glaub es hackt!
Dann wird "argumentiert" mit Sätzen wie: "Früher wollte ich meiner Oma auch nichts glauben, aber jetzt weiß ich, dass sie recht hatte." Echt jetzt???
Naja, aber selbst wenn das in einigen Fällen so ist (im Großen und Ganzen mit Sicherheit nicht, denn die Welt ist zu komplex für ein Menschenleben), dann überlegt doch mal, ob ihr der Oma geglaubt habt. Nein? Ja warum denn nicht? Na - klingelt's? JEDER weiß es IMMER besser und irgendwie stimmt das auch; zumindest für die ganz besondere Situation. Und wenn nicht? Ja was soll's, dann haben wir eben was dazugelernt. Und zwar aus eigener Erfahrung und nicht durch das Gerede anderer.


Wollt ihr denn wirklich, dass "Junge" den "Alten" alles glauben? Mich gruselts bei dieser Vorstellung enorm! Wenn Leute irgendetwas schon seit Jahren so machen ist das kein Grund es gleich genauso zu machen. Mag ja sein, dass es so optimal ist, aber woher soll ich das denn wissen, wenn ich noch nicht einmal in Frage stellen darf? Vielleicht wird es ja auch schon seit Jahren falsch gemacht. Vielleicht werden durch die Art, wie Dinge seit Jahrem gemacht werden Ressourcen verschwendet. Und dann? Sorry Leute, aber ohne den Widerstandsgeist unorthodoxer Menschen hätten wir jetzt noch nicht einmal das Rad.

Was ich mit dem Ganzen eigentlich sagen will: Es ist manchmal gar nicht so schlecht, erstmal nachzudenken, bevor man mit seiner Weisheit herausplatzt. Wenn es darum geht, das Verhalten anderer Leute zu kritisieren, ist es manchmal gar nicht so schlecht, erstmal kurz durchzuatmen und dann, liebe Leute - vielleicht fragt ihr auch erstmal, was los ist, bevor zurechtgewiesen wird. An der Stelle lassen sich bereits viele Konflikte klären. Wenn nicht: müsst ihr wirklich sagen, dass die andere Person daneben ist oder kann es nicht auch genügen zu sagen, dass mich das bestimmte Verhalten stört oder irritiert.
Und bitte - BITTE - hört auf mit Sätzen wie "Das ist halt so", "Das war schon immer so", "Das weiß doch jeder" oder "Das macht man nicht"! Das ist weder eine Begründung, noch ein Argument. Wer zum Teufel soll da etwas begreifen?
Eine gewisse zwischenmenschliche Achtung macht die Dinge auch häufig leichter.
Auch ich bin in dieser Hinsicht ein ewiger Lehrling platze viel zu häufig mit allem heraus, bevor ich nachgedacht habe aber genau das macht die Sache ja so spannend. Und gelegentlich ist dann auch eine Entschuldigung angebracht, obwohl mich jemand anders auf die Palme gebracht hat. Einfach weil ich von der Palmenspitze auf einmal von oben herab gehandelt hab.

Sonntag, 7. Juli 2013

Die Verkürzung des Tages

Irgendwie hatte ich es geahnt, aber so wirklich bewusst war es mir dann doch nicht.
Im vergangenen Jahr hab ich es sehr gut geschafft, mir die 24 Stunden meines Tages so auszufüllen, dass ich auch ohne Arbeit sehr gut ausgelastet war. Ich hab mir zeitaufwändige Hobbys zugelegt, hab Fremdsprachen gelernt und war auch sonst immer recht aktiv. Wenn ich gerade keine Lust zur außerordentlichen Aktivitäten hatte, hab ich mich eben mit irgendetwas ruhigerem beschäftigt. Langeweile hatte ich schon so lange nicht mehr, dass ich schon gar nicht mehr weiß, wie sich das anfühlt.
Trotzdem war es nicht wirklich gut - ich war arbeitslos. Inzwischen hat sich die Situation etwas geändert - ich hab Arbeit. Das ist wunderbar, denn endlich hab ich so einige ernsthafte Sorgen weniger und kann einiges wieder genießen, worauf ich die vergangenen Jahre (Studium und Arbeitslosigkeit) verzichten musste.

Was ich so nicht gedacht hätte, ist wie enorm sich der Tag auf einmal verkürzt! Wie bekommen diese ganzen alleinerziehenden Menschen das hin? Wie schaffen es Leute, die sich neben einer Vollzeitstelle auch noch im Verein und für diverse andere Dinge engagieren, alles unter einen Hut zu bringen? Liebe Leute, die sich hier angesprochen fühlen: Ich ziehe den Hut vor euch!

 Meine aktuellen Gehübungen im verkürzten Tag sehen folgendermaßen aus:
Ich versuche einfach alles zu machen wie immer, nur dass ich dafür etwas weniger Zeit habe. Umso intensiver erlebe ich nun die freie Zeit - da wird alles getan, wozu ich sonst nicht komme, sofern die Zeit dafür reicht.

Ich bin gespannt, wie meine Tage sich in meinem zukünftigen Leben einrichten. Vermutlich werde ich das eine oder andere von meiner Agenda streichen müssen - Prioritäten setzen war noch nie so wirklich mein Ding. Ich mag es, alles gleichzeitig zu machen und mit den spärlichen 24 Stunden war ich noch nie zufrieden. Ich werde mir wohl etwas einfallen lassen müssen - vielleicht französischsprachige Laufpartner? Wir werden sehen. Aber eigentlich will ich mein Privatleben nicht in seinem Ablauf optimieren - also doch Prioritäten?