Donnerstag, 24. April 2014

Wenn die Form zum Inhalt wird

Eigentlich bin ich verdammt froh, dass politische Themen gerade in großer Breite vorhanden sind. Menschen, die bislang eigentlich eher unpolitisch waren oder sich kaum äußerten, entdecken ihre Stimme und diskutieren mit. Das finde ich toll! Das ist unterstützenswert und sollte weiter gefördert werden.
Eine der Ursachen, dass so viele Menschen sich nicht um Gesellschaftsgestaltung kümmerten war die Art, wie über Politik gesprochen wird. Die Bewegung im Internet hat das stark verändert. Unglaublich effektive Kanäle zur Nachrichtenverbreitung sind dabei aufgegangen und werden stark genutzt. Aufgrund der Nutzung dieser Kanäle von vielen Menschen für ein breites Publikum hat sich die Wortwahl verändert. Verklausulierter Politsprech wird durch klare und leicht zu erfassende Botschaften ersetzt, sodass wirklich jeder mitreden kann. Dass bei dieser Vereinfachung gewisse Nuancen verloren gehen, die sich nur bei genauer Beschäftigung erschließen ist dabei normal und wie ich finde auch verschmerzbar.

Schwierig wird diese Vereinfachung aber, wenn aus leicht verständlichen Aussagen Parolen und Verschwörungstheorien werden. Es ist gefährlich, wenn aus berechtigter Kritik Medienarbeit und Politik Hetze wird. Die Formulierung "wir werden verkauft und verraten" hat mit konstruktiver und reflektierter Kritik nichts zu tun und Vereinfachung muss nicht dazu führen, dass alles über einen Kamm geschert wird.

Die Prozesse in der Ukraine sind gerade einer der Haken, an dem alle möglichen Debatten hängen. Die Sache gestaltet sich etwas schwieriger, als dargestellt (egal von wem) aber es ist nicht notwendig, sich in Verschwörungstheorien und Hetze zu ergehen, um die Einseitigkeit der Berichterstattung zu kritisieren. Ich greif hier einfach mal ein paar Punkte auf:

1. Der Protest in der Ukraine wurde von westlichen Geldern finanziert, um die unliebsame Regierung zu stürzen.

Sorry, aber da werd ich echt sauer. Ich hab schon an anderer Stelle darüber geschrieben und ich halte es immer noch für ein Unding, dass Menschen, die sich vier Monate im a...kalten ukrainischen Winter auf die Straße stellen, unterstellt wird, sie seien nur gekauft. Natürlich sind Gelder geflossen und die Information der Bevölkerung außerhalb der staatlichen Dinge geschieht durch außerstaatliche Organisationen - das sind NGOs. Diese bekommen ihr Geld IMMER von Personen (juristische oder echte), die mit dieser Gabe bestimmte Zwecke verfolgen. Klar, stimmt schon. Aber dann zu sagen, der ganze Protest sei gekauft geht nun wirklich zu weit und entzieht dem demokratischen Prozess an sich im Namen der Demokratie jede Grundlage.

2. Die neue Regierung in der Ukraine ist rechtspopulistisch und nicht demokratisch legitimiert.

Dazu gibt es nicht viel mehr zu sagen als: Ja und es ist untragbar, dass rechtspopulisten derart hofiert werden. Dennoch ist auch das kein Grund, dem vorgängigen demokratischen Prozess vollständig zu niegieren und alles über einen Kamm zu scheren - ich bitte um Differenzierung!

3. Russland hat einen legitimen Anspruch auf die Krim und tut nur recht damit, seine Bevölkerung in diesen Regionen zu schützen.

Die Welt hat sich seit 1989 weitergedreht. Es gibt keine legitimen territorialen Ansprüche Russlands in der Ukraine. Selbst die Stadt Sevastopol' stand nicht mehr unter russischer Regierung. Der Deal war, dass Russland die Ukraine mit Öl und Gas zu "Sonderkonditionen" (immer abgesehen von besonders kalten Wintern, wenn die ukrainische Politik nicht in russische Strategie passte) beliefert und dafür ihre Kriegsschiffe im Hafen liegen lassen darf.
Auch bezüglich der "Volksabstimmung" muss differenziert werden. Wenn argumentiert wird, dass das Referendum demokratisch war, weil die Mehrheitsbevölkerung auf der Krim russisch ist, gibt es eher ein klares Jein. Das Referendum war nicht demokratisch - es wäre unter demokratisch kontrollierten Bedinungen in der Geschwindigkeit gar nicht durchführbar gewesen. Allerdings wäre das Ergebnis kein anderes gewesen, denn die Mehrheitsverhältnisse sind wirklich klar. Schwierig wird es an der Stelle, wenn es um die Rolle ethnischer Minderheiten auf der Krim geht. Es gibt eine verdammt dramatische Geschichte der Krimtataren. Diese Gruppierung (und sie sind nicht die einzige Minderheit unter Bedrängnis) hat einen ausgesprochen schwierigen Stand auf der Krim - bereits unter ukrainischer Regierung, die Aussichten unter russischer Regierung sind dabei nicht besser.

Bei der Bewertung all dieser Vorgänge muss die Geschichte mit einbezogen werden und zwar vielschichtig. Einfach die bösen westlichen Medien der Ignoranz und Meinungsmache zu bezichtigen und alle Prozesse, die in deren Darstellung demokratisch sind als undemokratisch und verschworen zu erklären greift nicht nur zu kurz, sondern ist gefährlich.

Was dabei, neben dem verschwörerischem Inhalt, sehr gefährlich ist, ist die Art und Weise. Es werden territoriale Ansprüche für legitim erklärt, die de jure nicht existieren, es werden Medien komplett als unseriös dargestellt, ohne eine ernsthafte Prüfung durchzuführen und ohne mit diesen in Dialog zu treten. All dies geschieht unter dem Deckmantel der "Demokratierettung" und dem Slogan "Deutsche, lasst euch nicht hinters Licht führen". Ein weiterer Slogan, der auch gern hinsichtlich der NSA-Affäre gebraucht wird (ebenso einseitig und hetzerisch dargestellt) "Deutsche, ihr werdet verraten" und "Merkel verkauft euer Vertrauen" nebst "Deutsche, wehrt euch endlich".

Wenn ich so viel nationalistisch betonte Aufforderungen lese, die im Namen der Demokratie geäußert werden, mit derart einseitiger Recherche und so viel Vergangenheitsverleugnung (Geheimdienste gibt es nicht erst seit 2 Jahren und sie standen schon immer außerhalb des Gesetzes. Das Geheime ist die Natur eines Geheimdienstes) wird mir ganz anders.

Bitte Leute, macht weiter, politische Inhalte zu konsumieren, diese zu diskutieren und zu teilen. Das ist gut und die Grundlage von Demokratie. Passt aber bitte auf, dass ihr nicht bei ebendieser Debatte nationalistischen Parolen erliegt - das ist leider verdammt gefährlich. Die Leute, die sich im Netz gerade unter dem Deckmäntelchen der "Volksvertreter" breit machen und laut nach "Gerechtigkeit für das Volk" verlangen scheinen mir keine besonders großen Demokratiefreunde zu sein. Macht weiter mit dem, was ihr tut, aber seid bitte vorsichtig.

Montag, 14. April 2014

Willkommen in der Gegenwart

Es gibt so Momente, in denen ich mich frage, wer hier eigentlich im falschen Zeitalter lebt. Gestern, während der Arbeit war es mal wieder soweit. Da höre ich doch tatsächlich so ein paar Typen im Hintergrund über die Damenwelt desselben Unternehmens sprechen. Die gefallenen Sätze möchte ich in meinem Blog nicht wi(e)dergeben - derart sexistische Inhalte haben hier nichts zu suchen. Nur soviel: Die Frauen, über die gesprochen wurde, haben offensichtlich den fatalen Fehler begangen, Sex zu haben. Die beteiligten Herren hielten es mit der Diskretion wohl nicht sonderlich genau, das Resultat ist eine Reduzierung des weiblichen Parts auf die "Entehrung".
Dieselben Herren, äußerten sich anschließend darüber, dass eine Kollegin mit türkischem Hintergrund ja wohl das Allerletzte sei, weil sie bei der Arbeit flirte. Den Rest will ich hier nicht aufschreiben, mir ist spontan relativ übel geworden und ich will diesen Effekt nicht auch noch beim Bloggen erleben.

Das sind Momente, in denen der eigentlich versteckte Sexismus und Rassismus am Arbeitsplatz offensichtlich wird. Selbstverständlich sind das dieselben Herren, die natürlich nie ein Problem damit haben, wenn eine Frau tut, was sie will. Das dies allerdings niemals ihre Sexualität betreffen darf, bleibt dabei unerwähnt. Ich will hier die entsprechenden Klischees nicht bedienen, das wird von anderen mehr als genug getan. Ich habe auch keine Lust, die offensichtliche Sexualität dieser Herren ihren Äußerungen über Frauen entgegenzustellen - darum geht es nicht. Es geht darum, dass Frauen auf ihre Sexualität reduziert werden, sobald diese (und sei es auch nur am Rande) wahrnehmbar wird.

Und jetzt mal ganz abgesehen davon, dass Gender nicht nur in der Dualität von Mann und Frau existiert und Heterosexualität nicht das einzig mögliche ist: wieso kommen genau diese Herren auf den Gedanken, dass nur die Damen billig seien? Haben die nur einen Hauch einer Ahnung, wie ekelhaft es ist, diese Gespräche anzuhören? Aber vermutlich würde dieser Gedanke jede Kapazität übersteigen.

Wer spricht denn da wirklich von Gleichberechtigung?  Sobald die Sexualität einer Frau an irgendeiner Stelle sichtbar wird, wird alles Fachliche irrelevant. Ein Migrationshintergrund scheint die Problematik noch zu verschärfen. Solange solche Gespräche noch möglich sind, ohne dass die Mehrzahl der Zuhörer empört aufsteht, ist Gleichberechtigung verschiedenster Menschen leider noch verdammt weit weg.


Sonntag, 13. April 2014

Gerade so #hach

Seit Anfang dieses Monats ist es soweit. Ich konnte es schon im März kaum erwarten und seit ich mein Hab und Gut in diese neuen Räumlichkeiten verfrachtet habe, will ich davon schreiben. Allerdings war die ganze Zeit über recht viel zu tun (Umziehen, Halbmarathon, Lernen...) und kaum Zeit, sich dem Bloggen zu widmen.
Da ich aber sowieso lieber in die Kasse der Ironblogger einzahle, als halbherzig in letzter sonntäglicher Minute ein paar Zeilen zu kritzeln, ist das auch in Ordnung so.

Umziehen an sich, das Kisten schleppen und alles was dazu gehört ist ja einigermaßen ätzend, aber: der Umzug ist getan! Mit drei wunderbaren Menschen, dem Liebsten mitten darunter, sind wir in das neue Häuschen eingezogen und fühlen uns wohl. Endlich habe ich mal wieder das Gefühl, wirklich zu Hause zu sein und sehe den nächsten Umzug noch nicht direkt vor der Nase. Die Freude wird vom Frühling in Verbindung mit einer Süd-Ost-Terasse noch verstärkt. Oh, und hab ich vergessen, dass wir auch ein wenig Seeblick haben? Ich liebe das neue Heim und auch die Mitbewohner sind toll - einfach zum gern haben und wohl fühlen - einfach so #hach!

Dazu kommt der Frühling an sich. Besseres Wetter, die Knospen verwandeln sich in Blätter, die ersten Blumen kommen heraus, im Wald riecht es wunderbar und zwitschert nur so vor sich hin. So macht Training Spaß! Der Halbmarathon in Freiburg wurde mit einem superbreiten Grinsen im Gesicht geschafft und nun kann ich mich auf den Lauf in Dresden freuen. Damit ist auch das Leistungsdebakel vom letzten Jahr gebrochen und ich hab Spaß dabei - einfach so #hach!

Oh, und bevor ich es vergesse: ich entdecke gerade unglaublich viele alte und neue Interessen. Wenn ein Tag nicht so verdammt kurz wäre, könnte ich 48 Stunden am Tag ohne Unterbrechung lesen, schreiben, laufen, kochen, essen, trinke, radfahren, wandern, geocachen (steht auch schon lang mal wieder auf der Liste) und mich sonst so mit tollen Menschen treffen. Auch der Couchsurfing-Stammtisch bringt dabei immer wieder neue Inputs. Aber ich fürchte selbst 48 Stunden wären knapp dafür - also setz ich mich gleich einfach auf die Terasse in die Sonne, trink ein Bier und freue mich des Lebens. Und dieses Leben ist gerade so #hach!