Fast mein ganzes Leben habe ich davon geträumt mit einem tollen Mann zusammenzuleben, Kinder zu bekommen und in einem kleinen Häuschen glücklich zu werden. Als ich dann im Laufe meines Studiums mit Vielem in Berührung gekommen bin, was so völlig anders ist, hat sich dies im Laufe der Zeit gewaltig verändert.
Zunächst habe ich festgestellt, dass die Tage zu kurz sind, um alles zu tun, was ich tun will - an dieser Erkenntnis hat sich bis heute auch nichts geändert. Anschließend hab ich zu meiner eigenen Verwirrung festgestellt, dass ich wahnsinnig Angst vor der Realisierung meiner eigenen Ziele hab. Ich hab eine Vielzahl von Plänen gemacht, die irgendwie zwar schon ganz schön wirkten, allerdings nicht wirklich etwas mit mir zu tun hatten. Nach einer relativ langen Zeit des nachdenkens ist mir folgendes gekommen: Ich hab die ganze Zeit ein Bild von mir entworfen, wie ich dachte, dass andere mich gern so hätten. Klingt total bescheuert - ist es auch!
Irgendwann hab ich festgestellt, dass gar nicht jeder vorhat, nach diesem Bild zu leben, und dass das wohl auch ziemlich in Ordnung ist. Bis ich das auf mich übertragen konnte, hat es aber noch einige Zeit gebraucht.
In dieser Zeit bin ich mit unterschiedlichsten Lebenskonzepten in Berührung gekommen. Die Ausprägungen dieser Konzepte reichen von Zweierbeziehung mit unglaublich vielen Kindern über Mehrgenerationenhaus und Polyamorie bis zu absolut überzeugtem Singledasein. Irgendwie konnte ich alles bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen und nach einem verdammt schmerzhaften Beziehungsende kam ich auch mal dazu, darüber nachzudenken, was ich denn eigentlich von meinem Leben will und wie ich mir das gestalten will. Dabei bin ich das erste Mal auf den Gedanken gekommen, mich nicht nur im Zusammenhang mit einem Partner zu stellen, sondern mich und mein Leben eigenständig zu gestalten. Nach einigem Stolpern ist mir das auch immer besser gelungen.
In dieser Orientierungsphase sind mir unglaublich tolle Initiativen begegnet und unvergleichliche Menschen (danke an alle <3 ).
Unter anderem habe ich in der Zeit Couchsurfing für mich entdeckt. Das hat dazu geführt, dass mir die verschiedensten Menschen aus unterschiedlichsten Hintergründen begegnet sind. Die meisten von ihnen haben eine unglaubliche Offenheit an den Tag gelegt und damit dazu beigetragen, dass auch ich mich immer mehr öffnen konnte.
Das Zweite, was mich nachhaltig beeinflusst hat war das Leben in einem selbstverwalteten Studentenwohnheim. Die Selbstverwaltung hat dazu geführt, dass die Mitbewohner sich mit dem Haus verbunden sahen und sich eine grandiose Hausgemeinschaft herausgebildet hat. Natürlich gab es auch da immer wieder Streitigkeiten, aber der Umgang miteinander war von großem zwischenmenschlichem Respekt geprägt.
Durch dieses Haus und vorangegangene Erfahrungen des Alleinlebens und des Lebens mit einem Partner habe ich festgestellt, dass ich eigentlich nur in größeren Gemeinschaften leben will. Ich habe nicht wirklich Lust, mit meinem Partner zu zweit zu leben und nur zu zweit dieses Leben zu planen und zu fristen. Das bedeutet nicht, dass wir keine gemeinsamen Pläne haben und ich mein Leben nicht mit meinem Partner teilen möchte. Es bedeutet nur, dass ich es liebe, Input von vielen verschieden Menschen zu bekommen und schätze auch die Diskussionen, die bei unterschiedlichen Einstellungen entstehen. Den Planungsaufwand und kleinere Einschnitte in das eigenen Leben sind für mich dabei ein vergleichsweise geringfügiger Preis.
Am liebsten hätte ich dafür ein riesiges Haus, in dem mindestens 6-7 Leute (gern auch mehr) Platz für ein eigenes Leben mit genügend Wohnraum und Privatsphäre haben, aber auch genügend Begegnungsraum vorhanden ist. Die Bewohner meines Traumhauses sind nicht zwangsläufig befreundet, verstehen sich aber auf Basis einer intensiven Nachbarschaft sehr gut und gestalten ihren Lebensraum gemeinsam. Am liebsten hätte ich Menschen in verschiedenen Lebensphasen in diesem Haus (gern auch Kinder) und mit unterschiedlichen Lebensmodellen. Eigentlich soll es fast eine große WG sein, nur mit mehr Platz als zu Studizeiten ;)
Dieses Bild hat sich im Laufe der Zeit rauskristallisiert und ich verstehe gar nicht, warum so viele Menschen dabei so irritiert reagieren. Wieso soll es verrückter sein, sein Leben mit vielen Menschen gestalten zu wollen, als "nur" zu zweit sein zu wollen? Nur dass wir uns richtig verstehen: Ich freue mich für alle, die sich für das Leben zu zweit entscheiden, weil sie es wirklich wollen und glücklich sind. Aber jetzt mal ehrlich: ein bisschen verrückt muss man dafür doch auch sein. ;)
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