Dienstag, 17. Dezember 2013

Gedanken...

Eine Reportage über Brasilien hat mich an sehr intensive Gespräche mit einem Couchsurfer erinnert. Dieser war innerlich absolut zerrissen in Liebe zu der Welt aus der er kommt und tiefem Hass auf all die Menschen, die sich nicht für die Misstände in ihrem Umfeld interessieren. Dieses Zerrissensein kenne ich. Auch ich kann einiges nicht verstehen und die Ignoranz einiger Menschen gegenüber Vielem kann manchmal richtig abstoßend sein.

Ich kann nicht verstehen, wie ein intelligenter Mensch sich keine Gedanken um Klimawandel machen kann. Wie kann es sein, dass Leute, die zu komplexen Gedankengängen fähig sind, den Zusammenhang von Energieverschwendung und Klimawandel/Ressourcenknappheit einfach nicht sehen? Wie kann man Kinderarbeit und Massentierhaltung "schlimm" finden, beim Einkaufen aber nur und ausschließlich nach dem Produktpreis schauen und dabei nicht begreifen, dass jeder Mensch selbst die Welt zu der macht, die sie ist?

Das und noch einiges mehr sind Dinge, die mich ernsthaft zum Hadern bringen und manchmal ziemlich erzürnen. Dabei meine ich nicht die Menschen, die aus welchen Gründen auch immer, keine Kapazitäten übrig haben, sich Gedanken zu machen. Ich meine die Leute, die auf Konfrontationen mit ihrem widersprüchlichem Verhalten mit "Ja, aber..." antworten. Die Leute, die eigentlich in der Lage sind, all die Dinge zu erfassen, es aber einfach nicht tun, weil ein schnelles Auto wichtiger ist.

Aber egal, wie ich über bestimmt Dinge denke - wieso macht es mich wütend? Wieso glaube ich, im Recht zu sein und was veranlasst mich dazu, Menschen zu verurteilen, die die Welt anders sehen? Vielleicht haben die ihren Schwerpunkt nur woanders - auf Dingen, die ich nicht sehe. Wenn dem so ist, dann verleitet meine Wut mich dazu, nicht mehr zuzuhören und ich werde selbst ignorant. Wenn nicht, dann wird meine Wut nichts ändern, sondern lediglich meine Empathie binden, was wiederum dazu führt, dass ich nicht zuhöre und demzufolge auch niemanden erreiche.

Die Wut dieses Couchsurfers zu spüren und direkt zu sehen, wie es ihn innerlich zerreisst und wie sehr er in seinem Dilemma gefangen ist, hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich glaube nicht, dass beständiges Eindringen in die Gedanken anderer Menschen etwas bringt, aber ich habe auch keinen blassen Schimmer, wie man etwas bewirken kann. Denn es ist mir wichtig, dass immer mehr Menschen über die Folgen ihres eigenen Handelns nachdenken. Es ist mir wichtig, dass Umweltschutz und Menschenrechte gefördert werden, dass mehr über Lebensmittelverschwendung nachgedacht wird und ich bin nicht bereit über diese Themen zu schweigen. Aber wie kann man Menschen erreichen, die ihre Kanäle für diese Probleme nicht geöffnet haben ohne übergriffig zuwerden? Ich habe keine Ahnung, ich weiss nur, dass ich meine eigene Kommunikation an vielen Stellen mildern sollte und gelegentlich etwas mehr zuhören sollte.

5 Kommentare:

  1. Dann ist es umgekehrt auch schön, Leute zu finden, die so denken, wie man selber. Und von denen gibts doch auch einige. Mit gutem Beispiel vorangehen und da und dort eine Bermekrung fallen lassen, hat schon manchen Stein gehöhlt.

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  2. Ich glaube: Wut bringt nix.

    Die Frage ist doch immer: Was kann man tun?

    Meine erste Idee (muss keine gute sein): Fang vor der ahustür an und blogge statt zum Tehma Wut (was auch OK ist ;) ) einfach

    - Tipps zum tierfreundlichen Einkauf
    - Tipps zum Kilmafreundlichen Einkauf

    Vernetz dich mit Leuten, die das selbe Tun und denk dur mit ihen kretaive Dinge aus.

    Hypothese: je mehr man auf das Negative starrt, desto mehr Energie zieht dir das Negative ab (weswegen ich nicht sicher bin, ob ein Failcamp ne gute Idee ist ;) ). Je mehr du dich darauf konzentrierst: Was kann ich tun? womit kann ich etwas auslösen und je wneiger du auf das schaust "was ärgert mich" "was funktioniert nicht", desto eher fließt die Energie dahin, wo sie Effekt hat.

    Nächste Stufe ist ja dann: wie helfe ich den Leuten, diese Tipps selbstw eiterzuverbreiten etc. Das ist zudem schon fast ein Geschäftsmodell, so dass das, was du als sinnvoll ansieht ggf. sogar einen Teil des Lebensunterhalts bestreiten kann.

    Jedenfalls wäre DAS meine Heragehensweise ;)

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    1. Ich glaube: Wut bringt sehr viel. Zum Beispiel als ich kürzlich auf dem Weg zur Arbeit sah, wie ein Typ seine Freundin verprügelte. Das hat mich so wütend gemacht, dass der Kerl echt kein Licht mehr gesehen hat. Ich fand es gut und richtig, dass er meine Wut voll zu spüren bekam (rein verbal), eigentlich hätte seine Freundin mal so richtig wütend werden sollen, um sich selbst verteidigen zu können.
      Unvergessen auch die Schilderung von Tolstoi in seinem Reisebericht aus Luzern wie er so wütend wird über die feine adlige Touristen-Gesellschaft, die einem Bettelsänger zuhört, der wirklich gut ist, ihm aber niemand etwas in den Hut wirft. Aus lauter Wut lädt er ihn zum Abendessen in's feinste Hotel ein. Grandios! Ich lese immer wieder gerne, wie er diese Wut beschreibt, wie er erst merkt, dass etwas nicht in Ordnung ist und sich dann langsam steigert, wie seine Gedanken immer klarer werden bis er schließlich auf die ihm eigene Art handelt. Ach, es ist so herrlich, ich wünschte, wir hätten mehr so direkte Charaktere und weniger rationale Verdrängung sogenannter schlechter Gefühle im Namen des Erreichens irgendwelcher Ziele.

      Deshalb ist es richtig, ein Failcamp zu veranstalten und deshalb ist es auch richtig, solche Blogposts zu schreiben. Die damit einen wundervolles Ziel verwirklichen: reinigende Wirkung nicht nur für die Autorin, sondern auch für die LeserInnen. Genau diese Rückmeldung kam übrigens auch von den Teilnehmenden der Odyssey of Failure.

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  3. Danke :) Ob eine Idee gut ist oder nicht, hängt davon ab, wie sie zu der Person passt, die sie realisiert ;)

    Ich glaube tatsächlich, das das achten auf die eigene Wut etwas bringt. Dann werden Brüche sichtbar. Eine Fokussierung auf das Positive (sic!) bringt leider auch nicht wirklich viel, da es nur einen Teil der Realität ausmacht. Der Rest gehört genauso zum Leben und sollte meiner Meinung nach betrachtet werden. Nur wenn ich das Unangenehme betrachte, bewusst durchgehe, kann ich konstruktiv daran arbeiten.

    Dieses Blog möchte ich auch weniger dazu benutzen, Tipps zu verbreiten (was durchaus auch mal passieren kann). Hier schreibe ich eher über Dinge, die mich bewegen und das auch in der Form, wie sie mich bewegen. Das hat teilweise eine sehr reinigende Wirkung ;)

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  4. Ich vermute, ich kenne den Couchsurfer :-)? Ich habe in einem Therapie-Encounter mal an mir selbst gemerkt, dass ich meistens wütend werde, wenn ich etwas nicht verstehe. Dann habe ich angefangen, zu beobachten: was ich alles nicht verstehe, ob ich mehr verstehe, wenn ich wütend werde (kann ja sein!), wie andere Menschen sich verhalten, wenn sie etwas nicht verstehen, ob andere Menschen wütend werden, wenn sie etwas nicht verstehen und so weiter und so weiter. Ich kann nur sagen: ein sehr ergiebiges Feld!

    Mit hat sich da eine ganze Welt eröffnet, von der ich vorher gar nichts wusste. Seither bewundere ich Menschen, die mit ihrem Unverständnis so umgehen können, dass alle etwas dabei lernen können und versuche, mich selbst auch so zu verhalten. Für mich selbst habe ich festgestellt, dass meine Wut aus einer Mischung von Unverständnis und mich nicht abgrenzen können resultiert. Also versuche ich, mich rechtzeitig zurückzunehmen und abzugrenzen, sobald ich merke, dass ich etwas nicht verstehe, um gar nicht erst wütend zu werden.

    Alles nicht so einfach, aber gut und sehr gewinnbringend. Ich fühle mich anderen Menschen näher und kriege mehr mit (Dein Stichwort Empathiebindung). Das ist für mich eine sehr große Motivation.

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