Montag, 13. Januar 2014

Wieso ist die korrekte Antwort nicht "So what?!?!"

Letzte Woche ist eine unglaubliche Hysterie um die Sexualität eines Fußballspielers (nach seiner Karriere) ausgebrochen.

In meiner Welt ist die sexuelle Orientierung eines Sportlers, Bankers, Musikers, Politikers oder sonstigen Menschen vollkommen schnuppe. Allerdings zeigt die Reaktion vieler Menschen auch in meinem direkten Umfeld, weshalb die korrkete Antwort auf das Outing einer in der Öffentlichkeit stehenden Person leider noch nicht "So what?!?!" sein kann:

Selten habe ich so viele Kollegen über imaginäre Seifenstücke kichern hören. Selten begannen mehr Sätze mit "Ich habe nichts gegen Schwule, aber..." Auf einmal höre ich überall Witze über Schwule.
Auf einmal brechen Debatten aus, ob Homosexualität als seperates Thema im Schulunterricht sein soll. Die Reaktion war nicht: Sollte doch bei Sexualkunde dabei sein, oder?! Die Reaktion war eine panische Petition, die wünscht dies zu verhindern, um die armen Kinder nicht zu verderben.

Auf einmal fühlt sich die Bundesregierung (!) genötigt, die private Äußerung eines Ex-Fußballers ausdrücklich zu begrüßen. Selbstverständlich ändert diese Begrüßung nichts an der nicht vorhandenen rechtlichen Gleichstellung von homosexuellen Paaren (Stichwort Adoptionsrecht).

Alle sind ja so tollerant, aber... Witze müssen doch noch erlaubt sein...  Solange man selbst nichts damit zu tun hat... Solange man sich nichst vorstellen muss, solange das eigene Weltbild nicht berührt wird... Solange Kinder nicht damit in Berührung kommen...

Hey Leute, kein Problem - solange ihr tolerant seid...

Leider sieht man aus weiter Entfernung, wie es um diese Toleranz steht. Sie ist nichts als ein Schild, was man vor sich herträgt, weil es so kleidsam ist und es einfach nicht mehr salonfähig ist, sich klar als homophob oder xenophob zu präsentieren - wenigstens das! Wenigstens ist es inzwischen peinlich, homophob zu sein. Von einer toleranten Gesellschaft ist das aber noch weit entfernt.

Dass wir im 21. Jahrundert immernoch über die gesellschaftliche Akzeptanz unterschiedlicher sexueller Orientierungen sprechen müssen ist traurig - verdammt traurig. Dass die zur Schau getragene Toleranz nichts als Show ist, ebenso.

1 Kommentar:

  1. Eigentlich wollte ich ja hier kommentieren und bin dann einen Post vorher hängengeblieben :D
    Schön auf den Punkt.
    Mir sind hier 2 Punkte wichtig:
    1. Toleranz heisst eben nicht nur, im richtigen Moment den Mund zu halten und sich prinzipiell gewisse Äusserungen (Schwulenwitze und so) und Verhaltensweisen zu verbieten "weil man das halt so macht" und ein anderes Verhalten gerade zufällig gesellschaftlich sanktioniert wird. Toleranz bedeutet eben auch eine aktive Auseinandersetzung, gleichberechtigte und respektvolle soziale Interaktion. Wie das etwa Goethe formulierte: "Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen."
    2. möchte ich gerne HR2 Der Tag vom 10.1. hier verlinken http://mp3.podcast.hr-online.de/mp3/podcast/derTag/derTag_20140110_51982616.mp3 - Insbesondere das Interview mit Christina von Braun ab Minute 47:30. Wenn der Makel der Homosexualität darin besteht, dass auch der männlich Körper penetrierbar wird, dann frage ich mich, welches Frauenbild homophobe Menschen (Männer und Frauen) eigentlich haben. Wobei auch das eine Sichtweise ist, die nur einige Aspekte beleuchtet, es steckt natürlich noch mehr auf vielen Ebenen dahinter und das muss nicht immer politisch inkorrekt skandalös sein. Auch den Punkt "Homosexualität als Krankheit, mit der man sich infizieren könnte" (Solange Kinder damit nicht in Berührung kommen) setzt sie in einen erhellenden Kontext.

    Noch ein Aspekt, der mir wichtig ist: Zwar wurde der Homosexuellen-Paragraf, den wir jahrzehntelang in seiner von den Nazis verschärften Form am Leben erhalten haben, abgeschafft. Allerdings wurden Homosexuelle KZ-Überlebende weder entschuldigt geschweige denn entschädigt. Teilweise wird ihnen nichtmal eine Invalidenrente zugestanden. Aber Hauptsache, die Bundesregierung begrüßt das Outing eines ehemaligen Profi-Fußballers.

    Unterm Strich stimme ich Dir völlig zu: was geht mich die Sexualität eines anderen Menschen an, solange das, was passiert, konsensuell zwischen den Akteuren stattfindet? Es sind doch ironischerweise meistens die "Man wird doch wohl noch seine Meinung sagen dürfen"-Marktschreier, die meinen, anderen vorschreiben zu müssen, wie sie zu leben haben.
    Oder, wie sich kürzlich jemand zu Populismus äusserte: Merkwürdigerweise thematisieren diejenigen, die Populismus vorwerfen, nie den Populismus, den sie selbst betreiben. Womit allein schon der Vorwurf des Populismus populistisch wird.

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