Sonntag, 19. Oktober 2014

Laufen

Sollte ich zwischendurch vergessen haben, warum ich das Laufen liebe - hier ist es wieder:
Als ich losgelaufen bin, war die Luft noch sehr feucht und vernebelt. Es war auch so kühl, dass ich mir lieber eine Jacke angezogen habe - führte der Weg doch in den nahegelegenen Wald. Mit einem wunderbarem Tango auf den Ohren ging es also los. Fünf Minuten später war ich von Bäumen umgeben. Laub auf dem Boden, alles recht feucht und verwunschen. Ein paar Meter weiter begann der Nebel sich zu lichten, gleichzeitig auch der Wald und ich hatte vom Seerücken aus eine wunderbare Sicht auf den eingehüllten See. In den nächsten Minuten klarte die Luft immer mehr auf und das Spiel von Licht und Schatten des Waldes gewann minütlich an Intensität. Diese Musik, kombiniert mit dem regelmäßigen Laufschritt und der aufwachenden Natur - das ist Leben!

Zwischenzeitlich wurde es sogar recht warm, die Farben spielten zwischen grün, rot, gelb, braun, gold. Irgendwo in einem Winkel war immer noch ein Nebelwölkchen und Spinnennetze noch ganz taubesetzt. Wenig später kam ich wieder aus dem Wald raus und hatte eine phantastische Sicht auf den inzwischen auch aufgedeckten See. Dieses Erwachen genau in der Abfolge und der Geschwindigkeit live mitzuerleben ist einfach toll. Das ist genau der Grund, weshalb ich laufe und dafür auch mal früher aufstehe - ich liebe es!

Freitag, 17. Oktober 2014

Endpunkte

Es häufen sich in letzter Zeit Abschiede. Letztes Mal schrieb ich über Freunde, die auf Weltreise gehen; heut beschäftigt mich eher der Tod.
Dieses Jahr scheint davon geprägt zu sein, dass (zumindest gefühlt) ganz viele Menschen mehr oder weniger plötzlich sterben. Zu den wenigsten hatte ich einen wirklich engen Bezug, gemocht habe ich die meisten dennoch.

Es macht mich traurig, dass bei sympathischen Menschen nie wieder Kontakt aufnehmen kann und dieses definitive NIE erschließt sich mir auch nicht wirklich. Es ist ein Unterschied, ob man nie wieder will oder nie wieder kann. Es ist auch ein Unterschied, ob man wie bei einer Weltreise ein nie wieder vermutet oder weiß, dass es aus ganz physischen Gründen nie wieder geht.

Ich frage mich, warum ich so ein Problem mit dem Tod von Menschen habe, auch wenn diese mir wirklich nah standen. Es berührt mich sehr tief, wenn Menschen, die ich mag sterben - egal wie eng die Bindung wirklich ist. Ich kann diese Tode nicht begreifen - egal ob die Person freiwillig starb oder nicht.

Eigentlich komme ich mit Endpunkten zurecht - nicht unbedingt gut, aber mit Scheitern und Sonstigem kann ich umgehen. Der Tod ist aber weder eine Krankheit, mit der man umgehen kann, noch ist er tatsächlich ein Scheitern. Er ist ein Endpunkt, nach dem nichts mehr kommt, an dem auch nichts mehr anbauen kann, den man einfach so nehmen muss, wie er ist - ein Teil des Lebens.

Sonntag, 12. Oktober 2014

Gesellschaftliche Strukturen als Abbild der Gesellschaft?

Ich habe in letzter Zeit immer stärker ein Problem mit klaren Strukturen. Sie sollen ein Gerüst der Gesellschaft bilden und verfehlen dabei häufig deren Abbildung.

Nehmen wir das Beispiel der Geschlechterordnung. Es ist relativ klar, was Mann/Frau im Leben zu tun hat und wie man sich zu verhalten hat. Frauen haben sich zu zieren und zu verzieren, wohingegen dies bei Männern gar nicht geht. Männer haben eine Frau zu erobern, eine Frau gibt sich dem Herren hin. Alles in allem malt das Gendermainstreaming eher passive Frauen und aktive Männer. Natürlich gilt dieses Rollenbild inzwischen in der offenen Kommunikation inzwischen als überholt, allerdings ist es implizit immernoch sehr stark.
Abgesehen davon, dass eine solch vereinfachte Zuschreibung den Menschen nicht gerecht wird, kann man die Gesellschaft nicht einfach in zwei Gruppen teilen. Viele Menschen können diesem Rollenbild schon allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht nachkommen und warum sollten sie auch? Was ist denn, wenn ein Mann das Bedürfnis hat, sich zu schmücken? Wieso geht dieses Vorschreiben von Verhaltensweisen so weit, dass Frauen öffentlich beleidigt werden, wenn sie es wagen sich nicht die Achseln zu rasieren? Was geht das irgendjemanden an??? Was wenn sich jemand entlang dieser Dichotomie einfach nicht einordnen kann? Es gibt so unendlich viele Menschen, die sich nicht klar in eine Richtung einordnen lassen und das ist gut so.

Binäre Muster sind wunderbar einfach und erleichtern eine gesellschaftswissenschaftliche Analyse ungemein. Allerdings ist das zu kurz gedacht. Als Ethnologin war ich häufig froh, solch einfache Muster zu entdecken, an denen ich mich vorerst entlanghangeln konnte und an denen ich einen Einstieg finden konnte aber je tiefer man in eine Gesellschaft schaut, desto sichtbarer wird, dass diese Muster nicht wirklich gelebt werden können. Der Mensch und Gesellschaft selbst ist dafür einfach zu komplex. Dennoch existieren diese Strukturen und Muster seit Ewigkeiten in der Gesellschaftlichen Ordnung. Ich frage mich wieso? Sie bilden ein Wertemuster und vermutlich ist es für viele Menschen gut, eine solche Werteorientierung zu haben. Sie gibt Halt und suggeriert Sicherheit. Solange Mensch sich in ein solches Muster einordnen lässt, scheint das ja auch alles in Ordnung zu sein. Schwierig wird es dann, wenn Menschen daraus ausbrechen - ob beabsichtigt oder nicht. Dann werden Grenzen überschritten und es kommt zu Verletzungen. Häufig führen solche Grenzübertritte sogar dazu, dass den Betroffenen  ihre gesamte Menschlichkeit aberkannt wird. Das darf so nicht sein!

Auch wenn solche Genderrollen schon häufig reflektiert wurden, so werden sie dennoch immer wieder reproduziert und auch ich tue das. So sehr ich dieses Gendermainstreaming auch in Frage stelle - ich komme selbst nicht wirklich umhin in dieser bipolaren Opposition von Mann und Frau zu denken. Ich bin mir durchaus bewusst, dass die Realität wesentlich vielfältiger ist. Allerdings besteht das eigene Denken unter anderem aus der eigenen Sozialisierung und diese impliziert ein bipolares Geschlechterbild. Es verwirrt mich, dass ich mein eigenes Denken nicht durchbrechen kann und gleichzeitig gibt es viele Situationen in denen ich dankbar für einfache Verhaltensmuster bin.

Freitag, 3. Oktober 2014

Abschiede

Es gibt Menschen in meinem Leben, die ich sehr in mein Herz geschlossen habe, die allerdings in verdammt naher Zukunft ihr Leben an völlig anderen Orten weiterleben werden und damit als Beiprodukt mein Leben verlassen werden.
Es fühlt sich verdammt komisch an, zu wissen, dass ich diese Menschen vermutlich nur noch 2-3 mal sieht, bevor sich alles Weitere ins Ungewisse verschiebt.

Es fühlt sich auch sehr komisch an zu wissen, dass sich das eigene Leben damit um verschiedene Dinge verändert, ich da aber absolut keine Einflussmöglichkeiten habe. Es gibt Momente und Menschen, an denen möchte ich einfach festhalten - es ist einfach zu toll. Auf der anderen Seite gehören genau diese Menschen einfach ins Freie und wer weiß, welche Möglichkeiten des Wiedersehens sich vielleicht doch noch ergeben.

Die Person, die geht hat erfahrungsgemäß so viel mit Gehen zu tun, dass solche Gedankenkarusselle bezüglich des Wiedersehens mit lieben Leuten weniger entstehen. Das ist auch gut so, sonst würde man vermutlich nie gehen. Außerdem agiert man bei Reisevorbereitungen selbst und entscheidet aktiv, dass das Leben sich ändern soll und springt ins Ungewisse.

Irgendwie ist das alles gerade echt viel - viele Abschiede, sehr liebe gehende Freunde, viele Veränderungen. Es sind nur noch ein paar Wochen, dann sind alle geplanten Abschiede über die Bühne gegangen. Neben diesem seltsamen Gefühl, dass sich gerade wichtige Teile meines Lebens von mir verabschieden bleibt auch die Freude und die eigene angestachelte Unternehmungslust.

Wenn ihr alle irgendwo auf diesem Planeten verstreut seid, so sollte ich doch wenigstens einen länger gültigen Reisepass haben, um euch zu besuchen. Also: Termin in der Botschaft machen, Pass verlängern und dann mal schauen, wann und wo ich euch wiedersehe.

Macht's gut, passt auf euch auf und lebt aus den Vollen!