Seit einigen Wochen bin ich sprachlos und fühle mich ohnmächtig. Was aktuell auf Dresdens Straßen geschieht macht mich nicht nur traurig und wütend, sondern schnürt mir die Kehle zu.
So sehr ich mich auf einige Menschen gefreut habe - ich hatte dieses Jahr Bauchschmerzen bei dem Gedanken, Weihnachten Heim zu fahren. Ich wusste, dass ich mit Pegida im näheren Umfeld konfrontiert werde und ich wusste, dass ich damit nicht umgehen kann. Es handelt sich um Menschen, die ich eigentlich liebe, die ich aber nicht mehr achten kann, wenn ich faschistische Hetze aus ihren Mündern höre. Weit nicht jeder, der bei Pegida mitläuft ist tatsächlich rassistisch eingestellt. Die meisten sind einfach unzufrieden und lassen sich von einem kriminellen Vollidioten für islamophobe und fremdenfeindliche Hetze instrumentalisieren - macht die Sache nicht wirklich besser - Mitläufer halt. Allerdings wäre mir wesentlich wohler, wenn es sich bei der Person in meinem Umfeld um einen Mitläufer handeln würde. (In gewisser Weise passt das Wort Mitläufer ja schon, denn mit selbst nachdenken und auf fundierter Basis Meinung bilden hat das ganze nichts zu tun. ) Er ist aber kein Mitläufer, sondern einer von denen die (ungeachtet der Faktenlage) diese Hetze im Brustton der Überzeugung absondern.
Mir blutet das Herz!
Wie ist dem ganzen beizukommen? Ich hab kein Ahnung. Fakten sind ja nur von der - bei gefälligen Themen zynischerweise gern zitierten - "Lügenpresse" geschürt. Berichte aus eigenen Erfahrungen, die Empathie hervorrufen sollten, werden mit "Das ist nicht mein Problem" beantwortet. Subversiver Humor wird nur von den Menschen verstanden, die das Denken bereits begonnen haben. Gedankenanstöße, die dafür sensibilisieren sollten, wo eine solch xenophobe Haltung hinführen könnte (ich kann nur hoffen, dass der Konjunktiv hier passt), verhallen ungehört. Bildung. Eigentlich die einzige Möglichkeit, die ich sehen würde. Leider ist das bei den Leuten, die in Dresden mitmarschieren, kaum mehr möglich - wie gesagt, taub für alle Fakten und Tatsachen.
Was mich unglaublich erschreckt ist, dass der Mensch, bei dem ich über Weihnachten diese menschenfeindliche Haltung festgestellt hab, eigentlich immer eher Sympathisant der Antifa war. Aber man hätte es sich denken können. Das Ganze war immer eher Protest als politische Haltung und war immer mit einer guten Portion Verschwörungstheorie unterfüttert. Es hätte mir klar sein können, dass jemand der vereinfachende Theorien unreflektiert als gegeben hinnimmt, anfällig für andere vereinfachende Meinungsmache ist. Aber dass jemand der sich eigentlich immer für die Gleichwertigkeit von Menschen geäußert hat auf einmal das Gegenteil absondert und der Meinung ist, dass einige Menschen kein Recht auf ein würdevolles Leben haben, war mir echt zu abwegig.
Andere Leute, bei denen ich Pegida-Sympathien viel eher angenommen habe, sind durch die Angst vor den aktuellen Entwicklungen in Dresden sehend geworden, haben aber keine Lust, sich in Diskussionen zu verstricken - es ist ja Weihnachten.
Was wollen diese Menschen? Was ist das Ziel von Leuten, die in Dresden jeden Montag auf den Theaterplatz gehen und "Wir sind das Volk" skandieren? Mir ist das nicht so recht klar. Sie haben Angst um den eigenen Wohlstand, sie verstehen die Politik nicht, die glauben der Presse nicht (außer bei Themen, die einem grad mal in den Kram passen), sie haben Angst, dass ihre brüchige Identität von Dingen die anders sind beschädigt wird. Aber ist das wirklich so einfach? Eigentlich viel zu abstrakt und zu einfach.
Wie kann man diese Menschen wieder zu einer Menschlichkeit bringen; dazu ihre eigenen so hoch gehaltenen Werte zu leben? Ich glaube schon, dass das nur mit Kommunikation geht, aber ich habe keine Ahnung, wie man da kommunizieren soll. Wenn diese Leute den Mund aufmachen und mir einen Schwall Hetze ins Gesicht schleudern kann ich nicht ruhig bleiben. Ich kann in diesem Moment nicht ruhig überlegen, was nun die richtige Frage wäre, um diesen Schwachsinn zu demaskieren.
Da ich das nicht kann und logische Diskussionen nicht entstehen, bleibt mir nur am Sonntag wieder zurückzukehren, Dresden zu verlassen und mich in die Arme der Menschen zu begeben, bei denen ich mich wohl fühle. Lieber hätte ich in dieser Woche auch nur einen Menschen zum Nachdenken gebracht, aber so viel Kraft hab ich angesichts solcher Menschenfeindlichkeit nicht. Ich kann mit diesem unreflektierten Hass nicht umgehen und ich will es nicht.
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